Coronavirus: Aktien und Unternehmen, die von der Krise profitieren

2022-10-27 10:55:22 By : Ms. HERE MAKERS

Der Matratzenhersteller Breckle aus dem thüringischen Weida stellt einen Teil seiner Produktion komplett auf Atemschutzmasken um.

Der Matratzenhersteller Breckle aus dem thüringischen Weida stellt einen Teil seiner Produktion komplett auf Atemschutzmasken um.

Düsseldorf Es ist ein Geschäft mit der Angst. Während geschlossene Restaurants und Kaffeehäuser, abgesagte Veranstaltungen, stillgelegte Produktionsstätten und gestörte Lieferketten die Erträge von immer mehr Unternehmen schmälern, profitieren etliche vom Bedürfnis nach Schutz vor dem neuartigen Coronavirus.

Viele Gewinnsprünge dürften einmalig bleiben. Doch veränderte Konsum- und Arbeitsgewohnheiten bis hin zu Überlegungen, die Produktion wieder ins eigene Land zu verlegen, werden längerfristige Auswirkungen haben. Auch weil die Globalisierung infrage gestellt wird. Nach Ansicht des französischen Wirtschafts- und Finanzministers Bruno Le Maire soll das Virus Anlass sein, um die globalisierten Lieferströme zu überdenken. „Es ist erforderlich, bestimmte ökonomische und technologische Geschäftsbereiche zurückzuholen.“

Den größten Boom und Erfindungsreichtum der Unternehmen gibt es beim Schutz der Atemwege. Der Matratzenhersteller Breckle aus dem thüringischen Weida stellt einen Teil seiner Produktion komplett auf Atemschutzmasken um. Für einen Großauftrag von 400.000 Stück hat sich die mittelständische Firma eigens eine Ultraschall-Maschine angeschafft, um die Masken nicht zu nähen, sondern zu schweißen. Damit gehen sie auf die weltweit steigende Nachfrage nach Atemschutzmasken ein, obwohl Mediziner ihre Wirksamkeit bezweifeln.

Der taiwanesische Elektronik- und Mischkonzern Foxconn, der für Apple produziert, stellt normalerweise Atemschutzmasken für seine Belegschaft her. Nachdem ein Großteil der 800.000 Mitarbeiter ausgerüstet ist, exportiert Foxconn nun seine Strategie.

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In seiner japanischen Displayfabrik produziert der Elektronikhersteller Sharp, der vor vier Jahren von Foxconn übernommen wurde, täglich 150.000 Gesichtsmasken. Schon in den nächsten Wochen sollen nach Handelsblatt-Informationen täglich 600.000 Stück ausgeliefert werden. 

Angst vor einer Überproduktion hat Foxconn nicht. Der Absatz scheint längerfristig gesichert. Das liegt nicht nur am aktuell hohen Bedarf, sondern auch daran, dass die 127 Millionen Japaner den vorbeugenden Schutz vor Grippeviren ernst nehmen, indem sie Mund und Nase verhüllen.

In den USA profitiert der Mischkonzern 3M von der hohen Nachfrage nach Atemschutzmasken. Statt nur fünf Tage die Woche arbeitet die Produktion nun sieben Tage am Stück an der Herstellung von N95-Masken der Fabrik in Aberdeen in South Dakota. 3M stellt zudem noch Einwegoveralls und Kopfhauben für Isolierstationen in den Krankenhäusern her. Auf steigende Umsätze hat sich in den USA Clorox, das amerikanische Pendant zu Sagrotan, vorbereitet.

Noch am 4. Februar, als das Management die Quartalszahlen vorgelegt hatte, sagte Vorstandschef Benno Dorer, dass er bisher keine erhöhte Nachfrage registriert habe, sich aber auf einen Ansturm einstelle – und deshalb die Produktion von Desinfektionssprays hochfahre.

Die Weitsicht dürfte sich schon bald auszahlen. Seitdem das Virus auch die USA erreicht hat, sind Desinfektionsmittel an vielen Orten ausverkauft. Der Aktienkurs stieg auf ein Rekordhoch und hat seit dem Ausbruch der Krise um 15 Prozent zugelegt. Investoren spekulieren darauf, dass Clorox seine Quartalsprognose anheben wird.

Gute Geschäfte machen auch deutsche Chemieunternehmen, die Desinfektionsmittel unter eigenen Marken oder Inhaltsstoffe für andere Hersteller produzieren. Lanxess ist Weltmarktführer bei Desinfektion in der Tierhaltung, fertigt in den gleichen Anlagen aber auch Mittel für Krankenhäuser.

Evonik stellt Desinfektionsmittel für die Sterilisation bei medizinischen Anwendungen her. „Unsere Produkte werden uns derzeit aus der Hand gerissen“, berichtete Evonik-Chef Christian Kullmann vergangene Woche auf der Bilanzpressekonferenz.

Beim Medizintechnikhersteller Drägerwerk hat Corona zu einer sprunghaft gestiegenen Nachfrage nach Atemschutzmasken und Beatmungsgeräten geführt. Die beiden Standorte in Südafrika und Schweden laufen unter Volllast.

Aus China erreichen Dräger derzeit viele Bestellungen für Zubehörprodukte für die Beatmung wie Atemschläuche und Filter. „Unsere Fabriken laufen auf vollen Touren“, heißt es auch beim Sagrotan-Hersteller Reckitt Benckiser.

Die Nachfrage nach Desinfektionsmitteln ist nach den Worten einer Konzernsprecherin „sehr stark angestiegen“. Deshalb hat Reckitt bereits vor Wochen die globalen Produktionskapazitäten erhöht. Dennoch könne es in den kommenden Wochen zu Lieferverzögerungen und -engpässen kommen.

Der Trend zu frischen Lebensmitteln aus der Region, setzte Marken wie Campbell Soup oder Heinz Ketchup zu. Das hat sich seit Ausbruch von Corona schlagartig geändert. Aus Angst vor einem Notfall kaufen immer mehr Menschen Konserven und Pulversuppen. „Die Nachfrage geht nach oben, keine Frage“, sagt Mark Clouse, Vorstandschef von Campbell Soup.

Vergangenen Mittwoch sprang die Aktie des Suppenherstellers, der auch zahlreiche andere haltbare Produkte wie Spaghetti oder Snacks herstellt, um zehn Prozent nach oben. Es ist die beste Performance seit zwei Jahrzehnten. Insgesamt stieg das Papier seit der letzten Februarwoche, dem Beginn des Börsenabsturzes infolge der Coronakrise, um achteinhalb Prozent.

Zum Vergleich: Der amerikanische Börsenindex S&P 500 hat im gleichen Zeitraum genauso viel an Wert verloren. Was Anlegern besonders gefällt: Nur zehn Prozent seiner Zutaten bezieht Camp außerhalb der USA.

Nach einer Analyse des Marktforschungsinstituts Nielsen hat sich in der letzten Woche des Februars der Absatz in den USA von Milchpulver mehr als verdreifacht. Der Absatz von getrockneten Bohnen stieg um 37 Prozent, der von Fleischkonserven um 32 Prozent. Übertroffen wurde der Anstieg in den Verkaufszahlen nur von Atemschutzmasken und Desinfektionsmitteln. Großer Krisenprofiteur ist darüber hinaus der Internethandel.

Den Trend, sich Produkte des alltäglichen Konsums vor die Haustür liefern zu lassen, gibt es schon länger – am stärksten in Asien. Deshalb expandierte der deutsche Dienst Delivery Hero durch den Kauf des südkoreanischen Marktführers Baemin nach Fernost. Corona verstärkt jetzt diesen Trend.

Seitdem die Regierung in Seoul die Bevölkerung aufgefordert hat, mehr zu Hause zu arbeiten und weniger auszugehen, steigen die Umsätze: Bei Baemin legten sie in der ersten Februarhälfte im Vergleich zum Vormonatszeitraum um neun Prozent zu, bei der landesweiten Nummer zwei, Yogiyo, um elf Prozent. Bemerkenswert, da üblicherweise die Bestellungen nach dem Neujahrsfest, das dieses Jahr Ende Januar war, einbrechen. 

„Wir glauben, dass die Epidemie langfristige Auswirkungen auf das Verhalten der chinesischen Verbraucher haben und den Trend hin zu Onlineshopping-Kanälen beschleunigen wird“, heißt es in einer Analyse der Ratingagentur Fitch.

Allein in der chinesischen Neujahrswoche konnte JD.com mit 15.000 Tonnen Frischware 215 Prozent mehr verkaufen als im Vorjahr. Vor allem die Nachfrage nach Gemüse und Fleisch nahm mit jeweils rund 400 Prozent zu.

Während viele Läden und Restaurants geschlossen bleiben oder nur gekürzte Öffnungszeiten haben, verzeichnete der Essensauslieferer Meituan, auf dessen Plattform fast sechs Millionen Einzelhändler registriert sind und der rund 700.000 Kuriere beschäftigt, eine Vervierfachung der Lebensmittel-Bestellungen.

Aufgrund des Lieferbooms stellte JD.com im Februar 20.000 neue Mitarbeiter im Warenhaus, als Kuriere und Fahrer ein. Auch Meicai, das Frischware von der Farm direkt zum Restaurant ausfährt, kündigte an, weitere 6000 Lastwagenfahrer und 4000 Warenhausmitarbeiter unter Vertrag nehmen zu wollen. Derzeit arbeite das Personal schon „bis zum Anschlag“.

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Das Sinnvollste scheint zur Zeit ein Investment in Toilettenpapier zu sein.